Nahrungsergänzungsmittel im Sport – Sinn oder Unsinn?
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) boomen mehr denn je. Mittlerweile nehmen ca. 50-85% der HobbyathletInnen und 35-100% der ProfiathletInnen NEM ein. Parallel dazu lohnt sich ein Blick auf das aktuelle Dopingthema, denn auch bei Nahrungsergänzungsmitteln besteht die Gefahr einer Verunreinigung und könnte unter Umständen sogar zu einem positiven Dopingbefund führen. Überlegt also gut woher ihr die NEM bezieht und ob sie tatsächlich notwendig sind. Für die Supplementierung gilt: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Den Einsatz und die Sinnhaftigkeit einiger ausgewählter NEM werden wir jetzt genauer unter die Lupe nehmen.

NEM im Ausdauersport
Kohlenhydratgels und -riegel
Der Nutzen von Kohlenhydraten ist, vor allem im Ausdauersport, schon lange belegt. Eine Zufuhr von Kohlenhydraten während einer körperlichen Leistung ist erst ab ca. einer Stunde Belastung notwendig. Das heißt, für alle die einen einstündigen Lauf absolvieren oder eine Stunde am Hometrainer fahren, benötigen weder Sportgetränke noch Riegel oder Gels. Je nach Intensität wird die Kohlenhydratzufuhr an den/die Athleten/Athletin angepasst.
Vor allem Kohlehydratgels stellen eine gute Möglichkeit dar, um in kurzer Zeit viele Kohlenhydrate aufzunehmen, die vom Magen-Darm-Trakt gut vertragen werden. Durch Studien konnte klar belegt werden, dass sie einen leistungssteigernden bzw. leistungserhaltenden Effekt aufweisen.
Kohlenhydratriegel finden vor allem bei Sportarten Anklang, die auch feste Nahrung zulassen, wie z.B. bei Spielsportarten oder im Radsport. Auch diese bieten eine gute Möglichkeit sich mit ausreichenden Kohlenhydraten zu versorgen. Hier könnten aber auch natürliche Lebensmittel wie Bananen, Kartoffeln, Biscotten, Fruchtschnitten oder Kekse Einsatz finden. Für Übergewichtige und Diabetiker muss die Anwendung solcher Nahrungsergänzungsmittel genauer betrachtet werden.

Vitamin- und Mineralstoffsupplemente/ Antioxidantien
Der Bedarf an Mikronährstoffen steigt im (Breiten)-Sport nicht überproportional zum Energiebedarf. Bei ausgewogener, vollwertiger Ernährung ist eine Supplementierung grundsätzlich nicht sinnvoll. Unser Körper ist sehr adaptionsfähig und geht bei regelmäßigem Sport sparsamer mit seinen Ressourcen um (z.B.: geringerer Vitamin- und Mineralstoffverlust durch zunehmende Schweißproduktion). Grundsätzlich können Vitamine und Mineralstoffe in natürlichen Lebensmitteln viel besser aufgenommen werden, als in der isolierten Form. Zudem ist bestätigt, dass sich eine Supplementation (z.B. von Eisen) nur bei einem nachgewiesenen Mangel als sinnvoll erweist.
Viele SportlerInnen greifen gerne zu Antioxidantien. Dazu zählen z.B. die Vitamine A, C, E, die sich als Kapseln oder in Pulverform großer Beliebtheit erfreuen. Diese Stoffe sind durchaus wichtig, da sie quasi als Schutzschild unserer Zellen vor freien Radikalen fungieren. Die derzeitige Studienlage kann den vermutlich gesundheitsfördernden Effekt jedoch nicht belegen. Im Gegenteil, hochdosierte Supplemente könnten regenerative und adaptive Prozesse sogar behindern.
Wichtig ist, sich immer die individuelle Situation ganz genau anzusehen, zu analysieren und danach zu handeln. Aspekte wie vegetarische/vegane Ernährung, Unverträglichkeiten, sehr starkes Schwitzen als auch die Sportart usw. müssen berücksichtigt werden.

Koffeein
Koffeein ist eine der meist gebrauchten leistungssteigernden Substanzen im Ausdauersport. Im Jänner 2004 wurde es von der Dopingliste genommen und fällt somit nicht unter Doping. Eine einmalige Gabe von 3-6 mg/kg Körpergewicht eine Stunde vor Belastungsbeginn weist die optimalste Dosis-Wirkungsbeziehung auf und bringt eine messbare Leistungssteigerung vor allem im Lauf- und Spielsport. Eine andere Möglichkeit ist eine Gabe von 3-6 mg/kg Körpergewicht während einer zweistündigen Belastung. Ein Athlet mit 75 kg könnte somit zwischen 225 und 450 mg Koffein aufnehmen. Kaffee liefert übrigens zwischen 50-85 mg pro Tasse Kaffee und Energydrinks pro viertel Liter ebenso um die 80 mg.
NEM im Kraftsport
BCAAs
BCAA bedeutet Branched chain amino acids und enthalten die drei Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin. Leucin ist die Aminosäure, die mit einer hohen Muskelproteinsynthese (also Muskelaufbau) einhergeht. Da aber nur drei Aminosäuren aufgenommen werden, haben BCAAs ein schlechteres Profil als z.B. Molkenprotein (Whey).BCAAs kommen somit natürlich vor allem in Milchprodukten, aber auch in Fleisch oder Nüssen vor. Vor allem punkten aber auch Eiweißshakes auf Molkenproteinbasis mit 4g BCAAs pro 20 g Eiweiß, was 16-20 BCAA-Kapseln entspricht. Die tgl. Bedarfsmenge wird auf ca. 10-40g BCAAs geschätzt.
Weitere BCAA-Quellen in Lebensmitteln:
- 3 Scheiben Emmentaler 6g
- 1 Packung Magertopfen 6g
- 1 Becher Joghurt 4g
- 1 Fischfilet 5g
- 1 Portion Hülsenfrüchte (200g) 4g
Kreatin
Kreatin ist eine aus den drei Aminosäuren vom Körper selbst hergestellte Substanz. Ca. 1-2 g Kreatin werden pro Tag vom Körper selbst produziert. Bei SportlerInnen entspricht das in etwa 50% des täglichen Bedarfs. Somit muss Kreatin aus Lebensmitteln zugeführt werden. Die besten Kreatinquellen sind Fleisch und Fisch.
Kreatingehalt in Lebensmittel g/kg:
- Hering 6,5-10 g
- Thunfisch 4 g
- Schweinefleisch 5 g
- Rindfleisch 4,5 g
Kreatin ist bei uns als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen und kann, richtig eingesetzt, den Kreatingehalt der Muskeln erhöhen.
Folgende positive Effekte können erzielt werden:
- Energiebereitstellung: Die vermehrte Verfügbarkeit von Kreatinphosphat im Muskel erhöht die (anaerob alaktazide) Energiebereitstellung (hochintensive Kraft- und Sprintbelastungen).
- Muskel- und Kraftaufbau: Kreatin kann den Aufbau von Muskelmasse unterstützen, wenn es über mehrere Wochen supplementiert wird.
Proteinpulver – Eiweißshakes
Molkenprotein oder auch Whey-Protein genannt, ist ernährungsphysiologisch das hochwertigste Protein, vor allem, wenn es um Muskelaufbau geht. Vor allem ein Einsatz direkt nach dem Krafttraining erweist sich als effektiv. Auch Sojaprotein besitzt eine hohe biologische Wertigkeit, enthält jedoch weniger BCAAs als Molkenprotein. Häufig entsteht das Bild, dass sich der Eiweißbedarf vor allem bei KraftsportlerInnen nur durch Shakes oder Riegel decken lässt. Dem ist nicht so, denn Molkenprotein findet man in hoher Qualität und guter Verfügbarkeit auch in natürlichen Lebensmitteln wie Magertopfen, Buttermilch, Joghurt, magerem Frischkäse, Mozzarella oder Cottage Cheese. Falls doch auf Eiweißsupplemente zurückgegriffen wird, sollte besonders auf die Qualität geachtet werden, bzw. darauf, dass das Produkt nicht verunreinigt ist (Achtung ev. positiver Dopingbefund).

Fazit
Ganz klar ist, dass Sportnahrungsprodukte eine ungenügende Ernährung nicht ersetzen. Die Basis ist und bleibt eine ausgewogene Ernährungsweise. Sie können kaum so viele Leistungs- und Gesundheitsvorteile bringen, wie die Optimierung der Basisernährung und Flüssigkeitsversorgung.
Einige NEM können dennoch einen leistungssteigernden bzw. regenerationsfördernden Effekt erzielen. Fakt ist jedoch, dass in den meisten Situationen der Mehrbedarf (sofern überhaupt einer besteht) relativ leicht mit natürlichen Lebensmitteln gedeckt werden kann.
Vor allem im Ausdauersport kristallisiert sich aber heraus, dass der Einsatz von kohlenhydratreichen Riegeln oder Gels fast nicht wegzudenken ist. Dies wiederum betrifft aber auch nur sehr ambitionierte HobbysportlerInnen und ProfisportlerInnen. In jedem Fall macht es Sinn sich in kompetente Hände zu begeben und sich von dafür ausgebildeten Fachkräften (z.B. DiätologInnen oder ErnährungswissenschaftlerInnen) beraten zu lassen.
Projekt Ernährungsexperten Österreich

Im Zeitalter der sozialen Medien verliert man bei dem riesigen Angebot an Ernährungstipps auch schon mal den Überblick. Gemeinsam mit anderen Diätologinnen und Ernährungswissenschaftlerinnen haben wir deshalb das Projekt „Ernährungsexperten Österreich“ gegründet. Wir verstehen es als unsere Aufgabe Licht in den Ernährungsdschungel zu bringen und unser fundiertes Wissen an euch weiterzugeben.
Jeden letzten Freitag im Monat erscheint ein Artikel zu einem aktuellen, spannenden Ernährungsthema auf einem unserer Blogs. Auf Instagram könnt ihr uns auch unter dem #ernährungsexpertenösterreich finden.
Stefanie Kremsmair „sk_diaetologie“
Christina Schierlinger „kitchentherapies“
Lisa Großgasteiger & Isabelle Förster „foodissimo“
Carmen & Jasmin Klammer „klammer_sisters“
Quellen
Österreichische Gesellschaft für Sporternährung: Lehrbuch der Sporternährung – Das wissenschaftlich fundierte Kompendium zu Ernährung im Sport, 1. Auflage 2017, Graz.
ÖGE Ernährung aktuell: Nahrungsergänzungsmittel und Sport, 3/2017.
ÖGE Jahrestagung 2018 – Ernährungstrends, Lebensstil und Sporternährung